Wie man Pressingfallen systematisch vorbereitet
- Emanuele Piccirillo
- 17. Mai
- 3 Min. Lesezeit
Aktualisiert: 17. Mai
Im Fussball hört man oft: „Wir wollen hoch pressen.“ Klingt gut, aber was heisst das konkret? In der Praxis sieht man dann häufig Teams, die anlaufen, aber keine klare Idee haben, was sie eigentlich bewirken wollen. Es wird gepresst, weil man „pressen muss“. Und genau da liegt der Unterschied zwischen Anlaufen und einer echten Pressingfalle.
Eine Pressingfalle ist kein Zufallsprodukt. Sie basiert auf einer strategischen Entscheidung: Wir wollen den Ball in einer bestimmten Zone gewinnen und bauen alles drum herum so auf, dass der Gegner genau dort hineingerät.
Pressing ist Lenkung, keine Hetzjagd
Wer den Gegner zu Fehlern zwingen will, muss ihn erst einmal „in Sicherheit wiegen“. Klingt paradox, ist aber der Kern von Pressingfallen. Wir geben bewusst Räume frei, damit der Gegner das Spiel dorthin lenkt, aber genau das haben wir vorher geplant. Sobald der Ball dort ist, geht alles schnell: Zugriff, Überzahl, Ballgewinn.
Das funktioniert nur, wenn drei Dinge zusammenkommen:
Die Zone, in der wir Zugriff wollen, ist klar definiert.
Wir wissen, wie wir den Ball dorthin lenken können.
Unsere Spieler sind im Timing und in ihrer Staffelung abgestimmt.
Was gute Pressingfallen auszeichnet
1. Räume gezielt öffnen
Eine der wichtigsten Fragen: Wohin darf der Gegner spielen und wohin auf keinen Fall?
Daraus ergeben sich konkrete Anweisungen z. B. den Innenverteidiger andribbeln lassen aber den Passweg zum Sechser konsequent schliessen. Oder den Aussenverteidiger locken und dann mit Aussenspieler, Achter und Stürmer gleichzeitig den Zugriff starten.
2. Körperposition als Steuerungsinstrument
Viele unterschätzen, wie viel man über Anlaufwinkel und Körperstellung beeinflussen kann.
Wenn mein Stürmer den Innenverteidiger so anläuft, sodass der Ball nur noch auf den ballnahen Aussenverteidiger gespielt werden kann, haben wir genau das erreicht.
Wir zwingen den Gegner in die Zone, in der wir Zugriff haben wollen.
3. Raum, Zeit, Entscheidungen
Die eigentliche Falle schnappt nicht nur durch Druck zu, sondern dadurch, dass dem Gegner in diesem Moment keine gute Entscheidung mehr bleibt. Alles wirkt eng, hektisch, unübersichtlich, weil wir ihn genau dorthin gebracht haben.
So machen’s die Profis
Brighton (damals unter De Zerbi):
Oft lassen sie den ballfernen Innenverteidiger bewusst frei. Sobald der Ball dorthin gespielt wird, schalten drei Spieler gleichzeitig um: Achter presst seitlich, Flügelspieler nimmt den Pass ins Zentrum, Stürmer blockiert die Rückoption. Das Ganze wirkt wie ein eintrainierter Mechanismus (ist es auch).
Leverkusen (unter Xabi Alonso): Sie pressen oft eher zentrumsorientiert, locken den Gegner ins Spiel durch die Mitte. Was nach Risiko aussieht, ist eigentlich geplant. Sobald der zentrale Pass kommt, rücken zwei, drei Spieler ein, schliessen die Räume und holen sich den Ball oft schon mit Blickrichtung zum gegnerischen Tor. Besonders stark: ihre Staffelung hinter dem Ball. Wenn der Zugriff nicht gelingt, stehen sie trotzdem kompakt genug, um nicht ins offene Messer zu laufen.
Was heisst das für uns Trainer?
Auch im Amateurbereich kann man mit einfachen Mitteln mit Pressingfallen spielen.
Dies geht jedoch nur, wennn man sie bewusst plant.
Es geht nicht darum, alles wie die Profis zu machen, sondern die eigenen Prinzipien klar zu definieren.
Der Einsatz von Pressingfallen darf nie losgelöst vom restlichen Spielmodell gesehen werden. Wer Ballbesitz als Mittel zum spielen nutzt, wird andere Zonen zum Ballgewinn wählen als ein Team, das auf Konter spielt. Entscheidend ist, dass die gewählte Pressingstruktur mit der Restverteidigung abgestimmt ist. Was nützt der Ballgewinn, wenn man im Anschluss selbst offen steht?
Gute Pressingfallen sind keine taktischen Spielereien, sondern Mittel zur Kontrolle.
Sie erlauben, den Gegner zu steuern, sein Spiel zu verengen und im Idealfall dort zuzuschlagen, wo es wehtut.
Pressingfallen verlangen mehr als nur Intensität. Sie verlangen Intelligenz. Wer sie aber systematisch vorbereitet, kann selbst mit einfachen Mitteln sehr unangenehm sein.
留言